Samstag, 15. September 2012

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen


Die Leute mit denen ich auf meiner Reise ins Gespräch komme, erklären mich für verrückt. Brauchen Sie aber gar nicht. Ich weiß es selber. Langweilig wäre ja auch doof. Zugegeben ein paar Stunden mehr Schlaf würden mir ganz gut tun. Aber für meinen Schlafmangel kann ich zum Teil ja überhaupt nix. Ich habe dieses Jahr halt keine vier Monate sondern nur zwei Wochen Zeit mein Altersruhestandsland zu erkunden.

Der Bus von Calgary nach Jasper mit Umstieg in Edmonton fuhr pünktlich ab. Bis Edmonton lief auch alles perfekt. Ich hatte die letzte Reihe für mich und konnte so schon mal ein wenig Augenpflege vornehmen. In Edmonton hatte ich dann 1,5 Stunden Aufenthalt und dann schnappte mir doch tatsächlich eine Asiatin den Platz weg. Naja manchmal verliert man, manchmal gewinnen andere. So versuchte ich irgendwie meine alten Knochen so zu biegen und drehen, dass ich auch auf zwei Sitzen einigermaßen mich entspannen und schlafen konnte. Funktionierte anfangs auch gut, doch schon nach ein paar Kilometern hielten wir mitten auf dem Highway an. Der Busfahrer machte eine Durchsage, dass er sich nicht wohl fühlt und er sich wohl bei seiner Tochter angesteckt hat. Na hoffentlich geht das gut. Mitten in der Nacht und dann will er das vier Stunden lang durchhalten? Es kam ein Stopp nach dem anderen. Mal auf einem Rastplatz, mal auf dem Highway. Wenn wir dann mal fuhren, dann mit geschätzten 60 km/h und Warnblink. So wurden aus den geplanten vier Stunden 6,5 Stunden. Ich hatte kaum ein Auge zugemacht, aber böse war ich diesmal dem Busfahrer nicht. Er tat mir eher leid. Warum habe ich eigentlich keinen Busführerschein? Letztendlich kamen wir in Jasper alle um 06.30 Uhr heil an. Nun hieß es sechs Stunden die Zeit totschlagen bis mein Zug nach Prince George fährt. Erst versuchte ich im Warteraum noch ein wenig zu dösen, doch auch das war bis 08:00 Uhr eher schwierig. Eine Seniorenreisegruppe hatte den Rocky Mountaineer gebucht und wartete ungeduldig auf die Abfahrt. Mit diesem Zug wäre ich auch gerne gefahren, aber da muss ich wohl vorher noch einmal mit Pär reden. So blieb mir die Economy Class im Via Rail. Ist ja auch nicht schlecht. Ich ging dann noch ein wenig durch Jasper spazieren, hier kannte ich mich ja schon vom letzten Jahr her aus, kam mit einem Kanadier ins Gespräch, der in Jasper ein B&B betreibt und seine Visitenkarte loswerden wollte und checkte schließlich mein Gepäck ein. Das kommt hier nämlich alles in einen Gepäckwagen. Pünktlich wurde zur Abfahrt gepfiffen und vielleicht eine Minute später war ich eingeschlafen. Nicht das jemand jetzt denkt, ich habe bis Prince George durchgeschlafen. Nee, nee. Erstens war ja Landschaft anschauen angesagt und zweitens hielt ein vierjähriges kanadisches Mädchen den ganzen Wagen bei Laune. Da mir Zugverspätungen aus Deutschland bekannt sind, war ich nicht verwundert über die verspätete Ankunft und mit knapp 45 Minuten war das auf dieser acht Stunden Reise noch völlig okay. Ein älterer Kanadier hatte wie ich das gleiche Hostel gebucht, also hängte ich mich gleich einmal an seine Fersen. Schnell noch in Supermarkt, bissl im Internet surfen und dann Licht aus. Acht Stunden Schlaf. Oh wie schön. 

Aber von ausgeschlafen konnte keine Rede sein. Wieder ging es zum Zug und um 08:00 Uhr sollte es weiter nach Prince Rupert gehen. Zwölf Stunden Zugfahrt. Los kamen wir eine Stunde später. Die Tour war nicht nur landschaftlich gesehen der Hammer. Mit vier Stunden Verspätung kamen wir am Zielort an. Lustig fand das keiner der Passagiere mehr und da tröstete auch der 50 % Rabatt auf die nächste Zugfahrt in Kanada nicht. In Kanada ist es nämlich so, dass die Güterzüge Vorfahrt haben, d. h. wenn ein Schiff in Prince Rupert angelegt, wird der Zug vollgeladen und fährt ab. Kommt es also auf dem Schienennetz zu Überschneidungen, muss immer der Personenzug warten. Das war halt nicht ein- oder zweimal der Fall, das war eher zehn Mal so. Wieder war der nette Herr in der gleichen Unterkunft und auch ein englisches Pärchen. Also alle in ein Taxi und so schnell wie möglich ins Bett. Denn auch die Engländer hatte die Fähre am nächsten Morgen um 07:30 Uhr gebucht, was bedeutete wir mussten um 05:30 im Terminal sein. So blieben mir in dieser Nacht knappe vier Stunden. 

Ja und nun sitze ich hier auf der Northern Expedition, gebaut in Deutschland, bekämpfe meine Müdigkeit mit der atemberaubenden Landschaft in der sogenannten „Inside Passage“, winke den Walen zu und gönne mir nach Tagen mal eine warme Mahlzeit. Um 22:30 Uhr ist die geplante Anlegezeit in Port Hardy, von wo aus ich irgendwie zum zehn Kilometer entfernten Flughafen kommen muss, um um 06:45 Uhr den Flieger nach Vancouver besteigen zu können. Wird also wieder eher wenig mit schlummern außer vielleicht auf dem Flughafen á la Tom Hanks. Mit dem Auto geht es dann nach Kamloops zum Harvest Fest bei meiner Farmerfamilie aus dem letzten Jahr und von Samstag zu Sonntag schlaf ich dann mal aus.  So ist jedenfalls der Plan. Und sollte das nicht klappen, habe ich ja Mitte Oktober noch einmal eine Woche lang Zeit zum chillen. :-)

Ich melde mich dann vor meinem Abflug nach Deutschland noch einmal mit den letzten Erlebnissen. 

bis dahin

eure Lilli

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